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Pasolini ist ein früher und bedeutender Vertreter des neuen Künstlertypus der multimedialen Mentalität, des "Polyartisten". Passolini war Dichter, ein humanistisch gebildeter Gelehrter, Romancier, Essayist, Dramtiker, Semiotiker, Drehbuchautor, Filmregisseur, Philosoph, Künstler und Kunsttheoretiker. Nach seinen Anfängen als Dichter und Maler hat die Verlagerung des Schwerpunktes seiner bildkünstlerischen und literarischen Kreativität auf das technische Massenmedium Film der Schärfe und Radikalität seines Denkens keinen Abbruch erteilt, sondern im Gegenteil sein Kunstwollen erst recht artikuliert. Seine theoretischen Schriften wie auch seine Filme und nachgelassenen literarischen Werke erweisen Pasolini in der Vielfalt und Synthese seiner Talente als einen der modellhaftesten Künstler, dessen Werk weit über die engen Grenzen klassischer Kunstpraktiken hinausragt und Probleme seziert, die die europäische Kultur und multikulturelle Zivilisation seit Jahrhunderte beunruhigen. Der skandalöse Tod Pasolinis ist der zentrale Zugang zur Erfahrung der Dissidenz, die Pasolinis Leben und Werk in allen sozialen Bereichen geprägt hat. Der Tod Pasolinis kann als Brennpunkt empfunden werden, in dem sein "wildes" Leben (La vita violenta, 1959) und sein "sozialkritisches" Werk (Accatone, 1961) zusammenliefen, das von Widerspruch und Identifikation gekennzeichnet war. Der Tod erscheint in dieser Perspektive als Konsequenz einer künstlerisch-existentiellen Praxis, die eine direkte Berührung mit Arbeitslosen und Strichjungen tatsächlich eine wirkliche Anstrengung zur Verbesserung deren Lage war oder nur eine ästhetische Identifikation, mag diskutiert werden, aber der Reichtum von Kontext historischer Erfahrung der Häresie realisiert wurde, war von äußerster Konsequenz gezeichnet.

 

Wenn wir den Tod ins Zentrum stellen, dann nur als Fenster zum Reichtum dieser Themen, deren künstlerische Elaboration und praktische Erfahrung schließlich zu Pasolinis Tod geführt haben, als Konsequenz eines dissidenten Lebens und Werkes vom ersten Prozess wegen Homosexualität in Friaul 1950 bis zu seinem gewaltsamen Tod am 2.11.1975 in Ostia. Es geht klarerweise um das Leben und Werk Pasolinis, zu denen der Tod allerdings wie ein Scheinwerfer ein luzider Zugang ist.

 

Der bedeutende friulanische Maler Guiseppe Zigaina hat als politischer Weggefährte in den kommunistischen Partei, als Mitarbeiter bei einigen Filmen, als lebenslanger Freund, Archivar und posthumer Biograph Pasolinis in zahlreichen Büchern und Schriften diesen Tod ins Zentrum seiner Auffassung von Pasolinis Kunstwollen und Lebenssehnsucht gerückt und sogar die These aufgestellt und mit den Methoden der Exegese belegt, dass dessen gewaltsamer Tod eigentlich ein herbeigesehnter Selbstmord war und selbst zum Artefakt wurde. Der Tod und seine Überwindung bestimmen als zentrale Thematik die Ausstellung, durch die Guiseppe Zigaina seinen interpretatorischen Leitfaden entwickelt, gemäß dem Pasolinis Begehren des Todes als Wunsch nach Unsterblichkeit dialektische Ausdruck seiner Homosexualität und eines unlösbaren Ödipuskomplexes ist und in seinen Schriften, Romanen und Filmen vorgezeichnet liegt. Daher auch das Motto der Ausstellung in Paraphrase Pasolinis "Organizzar il trasumanar", was die Umkehrung des Titel einer Gedichtsammlung "Transumanar e organizzar" bedeutet. (Christa Steinle)

 

  • Herausgeber ‏ : ‎ Marsilio 1995
  • Sprache ‏ : deutsch/Italienisch
  • HC geb. 230 S.
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 8831762591
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 9788831762595

Pier Paulo Pasolini oder die Grenzüberschreitung

Artikelnummer: 9788831762595
CHF 14.50Preis
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